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Das war die Tagung 2017
Meine, deine, unsere Tankstelle
Wie jedes Jahr trafen sich die Mitglieder des Elternverbands gehörloser Kinder: Duderstadt ist inzwischen für viele gleichbedeutend mit der traditionellen Elterntagung. Professionelle Kinderbetreuung – 18 Betreuer_innen kümmern sich um 100 Kinder, sorgt dafür, dass sich die Eltern ganz auf das Tagungsprogramm und den Austausch untereinander konzentrieren können.
Den Anfang des Vortragsprogramms macht Thomas Geißler, Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Abteilung Gebärdensprachdolmetschen (Humboldt-Universität zu Berlin). „Für mich ist es das erste Mal hier, meine Kinder sind ja schließlich hörend“, gebärdet er und beginnt so seinen Vortrag zum Thema „Interkulturell sein“. Als erstes lässt er das Publikum in einer Brainstorming-Runde aufschreiben und an eine Pinnwand stecken, was ihnen zur Gehörlosenkultur einfällt. Beliebt ist die „Deaf Standard Time“ als Inbegriff des dauernden Zuspätkommens vieler Gehörloser. Für Geißler ein hervorragendes Beispiel unterschiedlicher Wahrnehmung: Für ihn und für Gehörlose handelt es sich dabei einfach um eine andere Zeitwahrnehmung. Unterhaltung und Zusammenhalt sind für Gehörlose schlichtweg wichtiger als Pünktlichkeit.
Gespickt mit einigen Beispielen aus der Gebärdensprachfolklore führt Geißler das Publikum in das Thema „Kultur“ ein: Was ist Kultur, wie macht sie sich bemerkbar?
Nach der in Laut- und Gebärdensprache erzählten Gute-Nacht-Geschichte gehen die Kinder ins Bett, für die Erwachsenen ist noch Gelegenheit zum privaten Austausch.
Fast nahtlos knüpft Sabine Goßner am Freitagmorgen an das an, was Thomas Geißler einen Tag zuvor erzählt hat. Sie ergänzt seine Ausführungen vor allem um ihre Perspektive als CODA — die einerseits in einer gehörlosen Familie aufwächst, andererseits später die hörende Welt kennenlernt.
„Interkulturelles Wissen“ – so der Titel ihres Vortrags – ist für Goßner vor allem eine wichtige Ressource, um Fettnäpfchen zu erkennen die es für Hörende gegenüber Gehörlosen gibt und umgekehrt. Ob die erkannten Fettnäpfchen dann vermieden werden, könne jede_r selbst entscheiden. Allein die Frage „Wie geht es dir?“ kann, an einen Hörenden gestellt, ganz andere Reaktionen auslösen als bei einem Gehörlosen. Bei den Hörenden heißt es kurz und knapp „gut“, „so lala“ und „frag mich nicht“, Letzteres ein Code für – sinngemäß – „Mein Haus ist abgebrannt, meine Frau ist fremdgegangen, der Hund ist abgehauen und der Wagen hat einen Achsenbruch“. So verstehen es zumindest Hörende, die sich wiederum stark irritiert fühlen, wenn ein Gehörloser auf die gleiche Frage seine gesamte bisherige Krankenakte ausbreitet. Für den Gehörlosen wiederum sind die knappen Antworten der Hörenden ein Affront, ein Zeichen von Kälte. Anekdotenreich erzählt sie von ihren Erfahrungen.
Im Anschluss wird überraschend Karin Kestner vom Elternverband auf die Bühne gerufen — der Vorstand und der gesamte Verband wollen sie und ihre Arbeit ehren. 2016 war – wie sie den Anwesenden selbst erzählt – bei ihr eine Krebserkrankung diagnostiziert worden und sie hatte sich in der Folge voll und ganz auf den Kampf gegen die Krankheit konzentriert. Die letzten Röntgenbilder
Nach dieser Ehrung, die Karin Kestner sichtlich zu Tränen rührt, stellt Lukas Huber die Elternarbeit in Österreich vor: Das erste Elterncamp des Österreichischen Gehörlosenbundes wurde 2013 mit knapp über 60 Teilnehmenden veranstaltet. Inzwischen findet bereits das vierte Camp statt, das er für Mitte Juni 2017 ankündigt.
In den nun folgenden Workshops vertieft Sabine Goßner wie bereits erwähnt ihren Vortrag zum interkulturellen Wissen, Tomato Pufhan arbeitet mit den Teilnehmer_innen seines Workshops an der Mimik beim Erzählen von Geschichten und Titus Bailer klärt über Hochbegabung bei Hörbehinderten auf.
Am Freitagnachmittag stellt der Verband im Rahmen der Mitgliederversammlung das Beratungsteam vor, das aus Mitteln der Aktion Mensch gefördert wurde — bisher. Die fünf Beraterinnen, von denen drei 2017 neu hinzugekommen sind, sind ein wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit des Vereins und für viele neue Eltern gehörloser Kinder oft die erste Anlaufstelle, die eine differenzierte Beratung rund um das gehörlose Kind, die Beschulung, Sprachförderung und Hörgeräte bietet. Für 2018 wird aktuell nach einem neuen Geldgeber gesucht, um die Mitarbeiterinnen weiter finanzieren zu können.
Abends trifft sich der Vorstand zu einer Vorstandssitzung, während ein Großteil der Eltern sich draußen beim Sport ertüchtigt.
Am Samstagmorgen können sich die Teilnehmer_innen entscheiden: Das Grenzlandmuseum zu besichtigen (mit Führung in DGS), selbst einen Ausflug zu machen oder am Open Space teilzunehmen. Ein Open Space ist eine offene Diskussionsplattform, bei der sich in diesem Fall die Eltern zum Thema „Inklusive Regelschule“ austauschen. Eins wird schnell klar: Für die Eltern ist es nach wie vor – auch wenn die Gesetzeslage verhältnismäßig eindeutig ist – extrem schwierig, die Finanzierung eines Dolmetschservices für den Unterricht ihrer Kinder durchzusetzen.
Mit großer Spannung wird der Vortrag des rumänischen Elternverbands erwartet, der für denselben Nachmittag angesetzt ist. Doch als der Vortrag der Verbandsvertreterin fortschreitet, breitet sich plötzlich eine gespenstische Stille aus und die Gehörlosen im Publikum schauen sich entsetzt an: Die Rednerin hatte soeben erzählt, dass der Verband alles dafür tue, gehörlose Kinder mit CIs zu versorgen, da sie sonst in Rumänien keine Zukunft hätten: Die Schule für Gehörlose umfasst nur acht Klassen. Die Regierung zahlt zwar die Implantierung, aber alle Folgekosten, wie Therapie und Batterien, bleiben an den Eltern hängen. Deshalb will der rumänische Elternverband diese Kosten übernehmen. Die deutschen Eltern können sich sichtlich nicht mit einer solchen Strategie anfreunden, aber es leuchtet ein, dass sie in Rumänien derzeit die einzig realistische Möglichkeit darstellt, gehörlose Kinder zu fördern. Lieber ein CI als nichts? Die Anwesenden bleiben skeptisch. Doch der Austausch beginnt gerade erst: Ein Vorstandsmitglied des Bundeselternverbands wird nach Rumänien fahren und die deutsche Elternarbeit vorstellen.
Der letzte Abend beginnt mit dem Grill-Buffet und dem kulturellen Abendprogramm, das die Kinder diesmal selbst gestalten: Neben Elternverband’s Next Topmodel (mit großem Abstand gewonnen von Matthias Czudnochowski) bieten sie eine Schwarztrafen sich licht-Show, Tanzeinlagen, erzählen Witze und zeigen ein kleines Theaterstück, das mittendrin sein jähes Ende findet und 2018 fortgesetzt werden soll. Danach gehen die Jüngsten ins Bett und die Eltern nutzen den letzten Abend für einen abschließenden Austausch an den Tischen draußen. Hier macht sich auch ein letztes Mal die kulturelle Schere bemerkbar: Alle Gebärdensprachler_innen sammeln sich wie Motten ums Licht, wer in Lautsprache kommuniziert, sitzt im Dunkeln. Ein Lehrstück der Vielfalt.
Die Abschlussrunde am Sonntagmorgen zeugt von allseitiger Zufriedenheit. Ein Elternpaar, das zum ersten Mal bei der Tagung dabei ist, schlägt für das nächste Mal vor, die Plätze bei den Mahlzeiten zu verlosen, damit immer wieder andere Leute miteinander am Tisch sitzen und auch diese Gelegenheit zum Austausch nutzen können.
Eine Mutter erzählt, ihre Kinder hätten sich gewünscht, länger vor Ort bleiben zu können – sie schlägt daher vor, die Tagung zu verlängern. Diese Idee schien im Übrigen nicht nur sie zu haben. Eine Woche in Duderstadt wäre wahrscheinlich immer noch zu wenig. Im nächsten Jahr, wird schnell hinzugefügt, bietet sich eine einwöchige Veranstaltung nicht an, weil kurz nach Himmelfahrt in Potsdam die 6. Deutschen Kulturtage der Gehörlosen stattfinden werden.
Das Fazit am Ende der Tagung ist eindeutig: Die Zeit ist viel zur kurz, aber sie wird hervorragend genutzt.
Von Wille Felix Zante
Tagungsberichte der Kinder- und Jugendgruppen
Gruppe 3
Das diesjährige Miteinander stand unter dem Motto Reisen und Entdecken. Wir drei Betreuer waren natürlich sehr froh, dass wir die anstehenden Reisen mit euch gemeinsam angetreten sind…alleine hätten wir uns nicht getraut. Gekonnt wurden die Eltern im Mini-Club zurückgelassen und Mut für die anstehenden Entdeckungstouren unter Beweis gestellt.
Unter wunderschönstem Wetter wurden Farben mit Kartoffelstempel auf T-Shirts aufgetragen, die Pflasterwege der Herberge mit Malkreide ausgeschmückt und der Spielplatz mit all seinen Möglichkeiten erkundet und ausgetestet. Stets dabei das große bunte Schwungtuch, welches mit energischer Kraft unserer Helden in die Lüfte abhob und wieder eingefangen werden musste.
Mit Spaziergängen und Umwegen über Stock und Stein wurden mehrere Expeditionen in die große Ferne gestartet. Erschöpft von den Unternehmungen genossen unsere Reisenden bei der Rückkehr die kühle Erfrischung im Planschbecken oder ließen sich von den Hüpfpferden relaxt umher galoppieren. Solch große Anstrengungen müssen natürlich belohnt werden und so tauchte gegen Ende ein Waldgeist auf und führte uns direkt zu seinem Schatz, gefüllt mit allerlei Leckereien.
Auch dieses Jahr haben wir gemeinsam unvergessliche Tage erlebt und sind sehr gespannt auf das nächste Jahr!
Gruppe 4-6
Am Donnerstag begann nach einer Kennenlernrunde unsere Reisegeschichte! Wir starteten in der Antarktis und machten uns mit dem Schiff auf den Weg Richtung Duderstadt, wo es warm war und die Eltern warteten. Das schöne Wetter nutzten wir, um draußen auf dem Spielplatz Fangen, Fußball oder im Sandkasten zu spielen. Diejenigen, die etwas Ruhe haben wollten, konnten drinnen schöne Bilder malen.
Am Freitag führte uns unsere Reise nach Afrika! Wir trafen Tarzan, Affen und andere wilde Tiere. Daher bastelten wir uns Tiermasken und bemalten gesammelte Stöcke farbenfroh und schmückten sie mit Perlen. Außerdem verbrachten wir wieder Zeit auf dem Spielplatz, da zum Glück wieder die Sonne schien! Nachmittags machten wir einen spannenden Ausflug in den Wald. Wir sahen Hirsche und ein Reh, fanden Regenwürmer, Käfer und Spinnen und lernten viel über die Tiere im Wald! Auf dem Bauernhof bewunderten wir weitere Tiere und konnten manche von ihnen sogar streicheln. Am Ende nahmen wir Abschied von den Eseln, Kaninchen und Schafen und fuhren zurück nach Duderstadt.
Am Samstag bemalten wir unsere mitgebrachten T-Shirts und Halstücher mit Stoffmalfarben und der Batik-Technik. Wir setzten unsere Reise mit dem Flugzeug fort und landeten zunächst bei den Maori in Neuseeland, da wir die falsche Richtung nahmen. Später ritten wir auf Delphinen bis in die Schweiz. Wir erlebten so viel auf unserer Reise und wollten abends den Eltern etwas davon zeigen. Zusammen übten wir einen Tarzan-Tanz, die Maori-Begrüßung und das Wandern durch schwieriges Gelände.
Da wir herrliches Wetter hatten, wollten wir aber unbedingt noch raus! Auf dem Hügel hinter dem Haus haben wir eine tolle Seifenrutsche aufgebaut. Das Rutschen machte allen riesen Spaß und am Ende waren alle nass und ausgepowert! Gut, dass wir direkt danach alle zusammen gegrillt haben! Später versammelten wir uns alle, um zu sehen, was die anderen Gruppen die Tage gemacht haben.
Am letzten Tag erwartete uns noch eine Schnitzeljagd. Der Schatz, die Belohnung für unsere lange Reise, war irgendwo versteckt. Um den Schatz zu finden, mussten wir einige Aufgaben lösen. Wir mussten Äpfel, Zitronen und Kaubonbons erschmecken, Federn, Stifte und Zahnbürsten ertasten, Blumen sammeln und Laternen zählen! Zusammen haben wir das aber ganz schnell geschafft und konnten dann den Schokoladenschatz auf dem Spielplatz genießen. Bevor alle von den Eltern abgeholt wurden, um nach Hause zu fahren, malten wir noch unsere Bilder fertig, um sie mitzunehmen.
Gruppe 6-8
Fliegt mit uns zum Regenbogen – das war die Ankündigung für die Kinder im Alter von 6-8. Und es war eine bunte und vielseitige Reise über die 4 Tage und am Ende leuchtete farbenprächtig, ein wunderschöner, von den Kindern selbst gemalter, Regenbogen in unserem Gruppenraum.
In den vier Tagen wurde viel gespielt – drinnen und draußen. Zum Beispiel spielten wir Plumpsack, Sitzfußball oder Sonne Mond und Sterne. Ab und an trabte ein Einhorn vorbei. In der Leseecke war es möglich sich mit einem Buch auch mal zurückzuziehen.
Am Freitagnachmittag ging es mit dem Bus zu einem Ausflug zum Gut Herbigshagen. Dort führte uns Beate durch den Wald und wir folgten den Spuren von Tieren und Pflanzen. Mit Spiegeln wurde die Perspektive auf den Wald von verschiedenen Tieren eingenommen. Ein eigenes Nest wurde gebaut und die Erfahrung gemacht, wie sich Vogeleltern bei der Nahrungssuche für ihre Kinder fühlen.
Am Samstag war das Highlight ein Ausflug in das nahegelegene Freibad. Mit strammem Schritt wanderte die Gruppe hin und zurück. Im Bad erfrischten sich alle im kühlen Nass und entspannten auf der Wiese mit Eis und kleinen Spielen.
Ein weiteres Ereignis folgte noch am Kulturellen Abend: Die Kinder brachten eine Schwarzlichtaufführung auf die Bühne. Am Vormittag hatten die Kinder fleißig geübt und ihre Handschuhe und Tshirts entsprechend bemalt und designed. Am Ende konnten wir dann allen Eltern und Kindern die Gruppen Sonne, Wassertropfen, Kleeblatt und Herz im Schwarzlicht präsentieren und als gemeinsamer Regenbogen auftreten. Zusätzlich gab es noch eine kleine Zaubershow von zwei Kindern.
Zum Abschluss am Sonntag bewiesen die Kinder ihre Teamfähigkeit noch einmal bei einem Chaosspiel und suchten eifrig nach den Hinweiskarten. Unser Regenbogen-Handschlag bildete den Abschluss von vier bunten, künstlerischen und spaßigen Tagen.
Gruppe 9-12
Mit den Kindern zwischen 9 und 12 haben wir die Geheimnisse des Waldes, der Fotographie und der Mode erforscht. Genauso besonders und individuell wie diese Themen, wart auch ihr! Wir haben gebastelt, getanzt, sind auf Bäume geklettert und haben uns mit Erde und Blättern geschmückt. All dies und das Licht im Dunkeln wurde von den fleißigen Fotographen aus allen Perspektiven eingefangen. Unser persönliches Highlight war jedoch die Begegnung mit dem Wasser. Wir hatten superschönes Wetter und so wanderten wir ins Freibad. Wir Betreuer/innen waren beeindruckt wie toll die Kinder schwimmen können, wie sie vom Ein- und Dreimeterturm gesprungen sind und wie sie zurück beim Hotel die Wasserrutsche runter rasten.
Gruppe 13+
Auf der Tagung zu Himmelfahrt stand das Kinder- und Jugendprogramm ganz unter dem Motto „Künstler auf Reisen“. Die Jugendlichen der Gruppe 13+ haben ihre künstlerischen Fähigkeiten und schlummernden Talente entdeckt, denn schließlich steckt in jedem Menschen ein Künstler. Auf unserer mehrtägigen Entdeckungsreise waren wir drinnen und draußen kreativ, haben im Wald Kunst in der Natur entdeckt, ein kunstvoll-cooles Begrüßungsritual für unsere Gruppe choreographiert, und zum Abschluss in Rekordzeit einen Film gedreht und geschnitten, der auch voller Stolz auf unserem Kulturabend präsentiert wurde.
Und dazu gab es noch die coolen Workshops mit dem 3D-Ducker und den physikalischen Experimenten. Zum Glück konnten die vor Ideen rauchenden Künstler-Köpfe im Freibad mit viiiel leckerem Eis bei supersonnigem Wetter abkühlen und neue Kräfte tanken.
Diese besondere Reise war ein voller Erfolg – wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr, Ihr auch?