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Happy Birthday bunter Elternverband!

330 Teilnehmer! So viele Familien und Tagesgäste wie noch nie zuvor in der Geschichte des Bundeselternverbandes kamen zu unserer diesjährigen Tagung. 175 Erwachsene, 105 Kinder plus 30 geladene Gäste, Referenten und Teamer – das war ein absoluter Rekord. 50 Jahre Bundeselternverband gehörloser Kinder, das ist aber auch ein Grund zum Feiern! Und der Ort, den man sich dazu ausgesucht hatte lohnte die Reise allemal: Blossin, am Wolziger See, etwa eine halbe Autostunde von Berlin entfernt. Zugegeben: Das Wetter hätte noch ein bisschen schöner sein können. Doch dann hätte wahrscheinlich niemand mehr Lust gehabt zu „arbeiten“. Doch dazu war die Tagung – wie jedes Jahr – neben allen Feierlichkeiten schließlich da.

Einige Teilnehmer kamen schon einen Abend vor dem offiziellen Tagungsbeginn. Für viele war der Weg Richtung Osten ziemlich weit. So trafen sich schon morgens im Frühstücksaal die ersten Bekannten wieder und hatten Zeit, sich in aller Ruhe zu begrüßen und auszutauschen. Bis 15 Uhr trudelten dann nach und nach die Teilnehmer aus der ganzen Republik. Am schönsten ist es immer zu sehen, wie sich die Kinder freuen, wenn sie ihre Freunde wieder sehen. Dann eröffnete Katja Belz, zum letzten Mal als Präsidentin, die Jubiläumstagung. Die Kinder und Jugendlichen wurden auf die Teams verteilt und lernten sich dort untereinander erst einmal kennen.

Den Eröffnungsvortrag hielt die Psychologin Dr. Phil. Karen Jahn. Angekündigt war das Thema „Alle Zügel in der Hand? – Die Balance zwischen Lenken und Lockerlassen im Alltag mit hörgeschädigten Kindern.“ Tatsächlich ging es um Entscheidungstheorien in Psychologie und Alltag. Der Hintergedanke hierzu ist die Idee, dass Eltern von Kindern mit Hörschädigung noch viel häufiger und grundlegender Entscheidungen treffen müssen als Eltern von Kindern ohne Beeinträchtigung. Um das Thema greifbar zu machen, hatte sie mit Nicola Martens eine Mutter mitgebracht, die zu Beginn etwas über die vielen Entscheidungen im Hinblick auf ihre 2008 geborene Tochter Pia erzählte. Und wie diese Entscheidungen, z. B. für eine beidseitige CI-Implantation, für Gebärdensprache, auch immer wieder neu betrachtet werden. Waren sie gut? Waren sie richtig? Die Psychologin erklärte wie Entscheidungen getroffen werden, welche Faktoren Entscheidungen beeinflussen, z. B. Hormone oder schlicht die Tageszeit. Und welche Faktoren sie erschweren: Stress und gesellschaftlicher Druck. Sie erklärte, warum Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ oftmals gute Entscheidungen sind. Und dass jede eigene Entscheidung besser ist als gar keine…

Am Abend gab es einen Kennenlern-Abend – mal anders. Viele Jahre hatte Vizepräsident Walter Letzel die Moderation übernommen: Wer kommt woher, wie lange ist man schon dabei. Es war ein Frage-und-Antwort-Spiel. Dieses Jahr hatte noch-Vorstandsmitglied Kenneth eine gute Idee: Er hatte Schilder mit je zwei Buchstaben vorbereitet, die sich die Erwachsenen umhängen sollten. Ein Buchstabe vorne, einer hinten. Es wurden Fünfergruppen gebildet. Und diese Gruppen sollten gemeinsam die Antwort auf Kenneth’s Fragen aufstellen. Ein sehr unterhaltsames Spiel, bei dem Teamgeist gefragt war. Und gleichzeitig hat man das ein oder andere neue Gesicht kennengelernt. Oder gesehen, wer besonders ehrgeizig, wer besonders locker sein kann. Die Kinder hatten währenddessen ebenfalls ihren Spaß bei einer Gute-Nacht-Geschichte.

Freitag war der Tag, auf den alle gewartet haben: Die Jubiläumsfeier. Bis zum Mittagessen konnten sich die Gäste aber erst einmal auf dem Marktplatz mit vielen guten Informationen versorgen. Dieses Forum wurde im letzten Jahr schon sehr gut angenommen. Dieses Jahr gab es wieder eine ganze Reihe interessanter Stände, vor allem aus Berlin: Unerhört e.V, ein Verein, der vor allem mit einer „Elternschule“ Erfolg hat. Sinneswandel gGmbH, die sich um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene kümmert. Zum Beispiel auch das Konzept „Sprungbrett“ entwickelt hat, es unterstützt den Übergang von Schule zu Ausbildung oder Beruf. Die besonders kompetente Logopädin Veronika Maiwald konnte viele Eltern beraten. Interessant waren auch die Informationen der gut organisierten Bundesarbeitsgemeinschaft behinderter Studenten und Absolventen. Der Hauptstadtakustiker Flemming und Klingbeil war vor Ort, ebenso die Ernst-Adolf-Eschke-Schule aus Berlin, die Frühförderinnen der „Quietschehände“, das Fachklinikum Uchtspringe, das Oberlinhaus Potsdam und ein Informationstisch zu Berufsbildungswerken. Sehr interessant zu beobachten war, dass es oft Eltern waren, die sich an den verschiedenen Infoständen in das „Fachgespräch“ einbringen konnten. Das war ein sehr lebhafter Marktplatz, wie man ihn sich wünscht.

Zum zweiten Mal zu Gast auf unserer Tagung war Prof. Manfred Hintermair. Am Nachmittag ging es ihm um die „Zusammenarbeit von Fachleuten mit Eltern gehörloser und schwerhöriger Kinder im Wandel der Zeit.“ Er erzählte von seinen ersten Einsatz an einer Gehörlosenschule im Jahr 1981. Es habe ihm den Hals zugeschnürt als er sah, dass es keinerlei Kommunikation zwischen Schülern und Lehrern gab. Doch da er kein Gehörlosenpädagoge sondern Psychologe war und somit nichts vom Thema verstand, hatte er sich erst einmal einem anderen Thema gewidmet: Der Elternarbeit. Diese waren (schon) damals allein gelassen. Glücklicherweise konnte Hintermair im Laufe der Jahrzehnte beobachten – und sicherlich ein Stück weit mit beeinflussen – dass heute nicht mehr die Sprachentwicklung hörgeschädigter Kinder im Fokus steht, sondern ihre psychosoziale Entwicklung. Und dass der Trend immer mehr dahin geht, Eltern stark zu machen, damit ihre Kinder ebenfalls starke Individuen werden.

Zur Jubiläumsfeier waren eine ganze Reihe Gäste eingeladen. Von verschiedenen Verbänden mit denen der Bundeselternverband zusammenarbeitet. Zum Beispiel kam Sabine Fries vom Fachbereich Pädagogik des Deutschen Gehörlosenbundes, Dr. Ulrich Hase von der Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten Selbsthilfe und Fachverbände e. V, und Martin Zierold, dem ersten gehörlosen Mitglied einer Bezirksverordnetenversammlung Berlins. Zur großen Freude kam auch Marion Feuchte nach Berlin. Sie ist die Tochter des verstorbenen Verbandsgründers Herbert Feuchte. Im Mittelpunkt der offiziellen Jubiläumsfeier standen trotz der vielen „großen“ Gäste die Kinder. Auf sie war das ganze Programm zugeschnitten – niemandem sollte langweilig werden. Das funktionierte wunderbar! Ob bei den Eröffnungsreden, Filmen wie „Rotkäppchen in Gebärdensprache“ Bildern und Videos aus dem Verbandsleben oder dem „Katzentanz von Julia Hroch. Für gute Unterhaltung sorgte auch das Moderatoren-Team: Thomas Opitz und die 9jährige Olga. Sie hatten sich überlegt, dass es einen viel schöneren und passenderen Namen für unseren Verband gibt: Bunter Elternverband! So übten sie mit den Gästen immer und immer wieder „Happy Birthday bunter Elternverband“ ein. Am Ende gebärdeten und sangen alle mit. Wie immer ein Highlight war der Auftritt von „Rosana“ alias Simone Lönne in Galarobe und dem gigantischen Hörgerät als Erkennungszeichen. „We will rock you“ gebärdete sie gemeinsam mit den 330 Gästen!

Am Abend moderierte Rosana die Jubiläumsgala. Kleine und große Gäste hatten Spaß an den Auftritten von Rita & Ace, Susanne Genc als Putzfrau und vor allem Zauberer Stefan Lammen, der schon den ganzen Tag über die Kinder anzog wie ein Magnet. Kein Wunder, konnte er Süßigkeiten und Äpfel zaubern. Vor allem bezog er die Kinder immer wieder in seine Vorführung ein. Großer Applaus! Auch für Tomato Pufhan, der das ganze tolle Programm organisiert hatte.

Am Samstag verabschiedeten sich ganz viele verdiente Vorstandsmitglieder und stellten ihr Amt neuen Köpfen zur Verfügung. Nach sechs Jahren als Präsidentin wird Katja Belz zukünftig als Geschäftsführerin des Bundeselternverbandes die Geschicke aus der 2. Reihe in der neuen Geschäftsstelle in Mahlow begleiten. (Weitere Informationen folgen).

Neue Präsidentin ist Yvonne Opitz aus Bremen. Seit drei Jahren arbeitete die schwerhörige Mutter von drei Kindern als Schriftführerin im Verband. Als Pädagogin an einer Gehörlosenschule in Bremen hat sie den entsprechenden Hintergrund, um im Bereich Bildung die richtigen Impulse zu setzten.

Auf Walter Letzel folgt als Vizepräsident Rolf Wilm. Der Vater von vier Kindern, darunter einer gehörlosen Tochter, ist seit vielen Jahren Mitglied und ein guter Stratege. Er übernimmt auch die Vertretung des Verbandes in der FEPEDA von Walter Letzel und wird somit auf europäischer Ebene in der Elternarbeit für taube Kinder aktiv.

Marliese Latuske, seit vielen Jahren nicht nur Schatzmeisterin sondern auch das Herz und, neben Katja Belz, das zweite Gehirn des Verbandes, übergibt Amt und die Kassenbücher an Martin Müller. Eine gute Wahl – er ist Haushaltsexperte der Stadt Laatzen in Niedersachsen.

Neuer Schriftführer ist Rainer Lüllmann aus Oldenburg. Sein Sohn trägt ein Cochlea Implantat. Gemeinsam mit seiner Frau ermutigte er mehrere Familien implantierter Kinder, dem Verband beizutreten.

Kenneth-Kamal Seidel, Ellen Franz und Andrea Schulze verabschieden sich aus dem erweiterten Vorstand. Neu gewählt wurden Marion Nistor und Katrin Pflugfelder, beide gehörlos und mit dem Bundeselternverband seit Jahren eng verbunden. Neue Gesichter im Verband und im Vorstand sind Kathleen Dunke und Swen Kremer. Die „alten Hasen“ Susan Pufhan und Nana Stirnkorb freuen sich über so viel Engagement.

Viel Freizeit und viel Spaß hatten die Kinder und Jugendlichen. Das Gelände und die ganze Atmosphäre am Wolziger See sorgte für Urlaubsstimmung – auch bei den Erwachsenen.

Bei der Familienregatta stachen zwei Drachenboote in See. Gab es erst Tränen, weil Kinder unter 8 Jahren nicht mitfahren sollten, so wurde diese Regel am Ende doch noch gestrichen und alle waren glücklich. Zu Lande forderte die Familienralley den einen oder die andere an ihre Grenzen. Selbst erwachsene Töchter wurden noch Huckepack getragen, auch zum Sackhüpfen fühlte sich kaum jemand zu alt.

Am Samstag Nachmittag konnten sich die Eltern zwischen fünf verschiedenen Workshops entscheiden . Christian, Katrin und Hannah Pflugfelder gewährten im Rahmen ihres Erfahrungsaustausch über gelingende Kommunikation in hörend/gehörlosen Familien hochinteressante Einblicke in ihr Familienleben. So einfache wie wertvolle Praxistipps inklusive, die kaum eine klassische Frühförderung bietet. Wiebke Lüllmans Cochlea Implantat – Informationen und Erfahrungsaustausch entwickelte sich schnell zu der von ihr selbst erwünschten Diskussionsrunde, bei der erfreulicherweise auch gehörlose Eltern zu Wort kamen um zum Beispiel Sorgen zu entkräften, das ohne ein CI gesellschaftliche Teilhabe heute kaum noch möglich ist.

Im Workshop Starke Eltern- starke Kinder von Sigrid Ulbrich wurde den Eltern das Konzept dieses Elternkurses vorgestellt. Sie konnten sich über die Herausforderungen in ihrem Erziehungsalltag austauschen und einzelne Situationen näher beleuchten. Wie im letzten Jahr gab es auch diesmal einen Workshop zum Thema Geschwisterkinder. Gerburg Beerhues lenkte die Aufmerksamkeit der Eltern auf die Bedürfnisse der Geschwister. Autismus Spektrum Störung – Auswirkung auf das Familienleben war das Thema des fünften Workshops. Maik Teriete konnte betroffenen Eltern und interessierten Teilnehmern wertvolle Anregungen für den Alltag mit ihren Kindern geben.

Kein Abend ohne Party. Auf dem Bug eines Schiffes legte eine D-Jane Samstagabend die neuesten Scheiben auf. Davor tanzten vor allem die allerkleinsten Tagungsgäste und hatten einen Heidenspaß.

Das I-Tüpfelchen am letzten Tag war der Besuch von Hubert Hüppe, der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung. Statt Grußwort gab es ein Schlusswort, und das, obwohl Muttertag war und auch Herr Hüppe Familie hat. Kaum ein Redner bekam so viel Beifall wie er. Für Aussagen wie: „Es ist schön, dass die Nachrichten auf Phönix in Gebärdensprache übersetzt werden. Aber ich frage mich: Warum eigentlich nicht direkt bei ARD und ZDF?“ Und solche Anekdoten: „Mein Arbeitgeber bezahlt hin und wieder einen Sprachkurs. Ich wollte Deutsche Gebärdensprache lernen. Zunächst hieß es, man wisse nicht, ob das geht. Ich entgegnete: ‚Warum, das ist doch eine Sprache wie Englisch und Französisch‘. Am Ende wurde es natürlich bezahlt.“ Heute hat er eine spätertaubte Mitarbeiterin, die selber gerade DGS lernt und mit der er dann weiter üben kann. „Ich weiß, dass es eine Sache ist, Recht zu haben, und eine andere, Recht zu bekommen“ sagte er im Hinblick auf die Kämpfe, die viele Eltern beeinträchtigter Kinder führen und fügte bedauernd hinzu: „Meist geben leider gerade diejenigen auf, die Hilfe am nötigsten bedürfen.“ Er bot seine Unterstützung an und forderte den Rat der Eltern ein.

Zum Feiern waren allen gekommen und so wurde die Tagung auch mit einem letzten Geburtstagsständchen beendet. Nicht nur feierte Katja Belz an diesem 12. Mai ihren 50. Geburtstag, noch drei weitere Geburtstagskinder gab es: Laura Häußer, die Leiterin des Kinder und Jugendteams, Neuzugang im Betreuerteam Kaja und die kleine Stella.

Die Energie, die alle nach drei wundervollen und ereignisreichen Tagen mit nach Hause nehmen konnten reicht hoffentlich bis zum nächsten Himmelfahrtswochenende.

Auf Wiedersehen in Duderstadt 2014!

Text: Tamara Schmidt vom Hofe, Katja Belz
Fotos: Robert Bühler, Karen Kuhlmann

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Über uns

„Eltern beginnen immer am gleichen Punkt und alle müssen ganz persönlich denselben mühsamen Weg gehen. Sie gilt es aus gemeinsamer Verantwortung zu begleiten, da mit uns auch jemand gegangen ist.“

Peter Donath, Ehrenvorsitzender BGK

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